rot-schwarze fahne



Francisco Ferrer y Guardia
(1849 - 1909)


13. Oktober - Jahrestag der Hinrichtung des libertären Pädagogen


Der 1849 in der Nähe von Barcelona (Spanien) geborerene Francisco Ferrer y Guardia gründete dort 1901 die "Escuela Moderna", die "Moderne Schule".

Francisco Ferrer y Guardia
Nach anti-autoritären und weltlich-rationalen Prinzipien des Unterrichtens durch Verstehen wandte er sich gegen das von den Katholiken streng geführte bestehende Schulsystem. Er organisierte sogar am 12. April 1906 (Karfreitag) eine Grossdemonstration für die weltliche Erziehung, wovon sich die spanischen Behörden provoziert fühlten.

Ausserdem lebte Ferrer ab 1905 mit Soledad Villafranca zusammen, die Lehrerin in der "Modernen Schule" ("Escuela Moderna") und 22 Jahre jünger als er war.

Am 31. Mai 1906 sprengte ein junger Mann namens Mateo Morral die Hochzeitsfeier des Königs Alfonso XIII. mit einer Bombe. Morral arbeitete in Ferrers Verlag und die Polizei spekulierte, dass Ferrer ihn dazu ermutigt hatte, das Attentat zu verüben. Ferrer, dem schon zweimal ein politisches Attent vorgeworfen worden war, wurde nun am 04. Juni 1906 fesrgenommen und in das Gefängnis "Carcel Modelo" nach Madrid gebracht. Doch erst ein Jahr später, am 12. Juni 1907, wurde er wegen Mangel an Beweisen wieder freigelassen.

Während dieser Kerkerhaft musste die Moderne Schule geschlossen werden - sie wurde nie wieder eröffnet. Nach Ferrers Freilassung lehnte die Radikale Partei eine Weiterführung der Zusammenarbeit mit ihm ab, da die Vorwürfe, die zu seiner Verhaftung geführt hatten, überall bekannt waren. Gesellschaftlich isoliert kehrte Ferrer mit C. A. Laisant, L. Descartes, Eugenio Fourniere, C. Malato, A. Naquet, und Sembat nach Paris zurück. Mit der Absicht die in Spanien begonnene Arbeit weiterzuführen, gründeten sie die "Internationale Liga für die rationale Erziehung von Kindern". Im Jahr 1908 begann Ferrer mit der Herausgabe des Magazins "L'Ecole Renovee", die den Informationsaustausch zwischen den europäischen Lehrenden fördern sollte. Ausserdem wurde sein Rundbrief "Boletin de la Escuela Moderna de Barcelona" weiterhin publiziert. Doch bald musste Ferrer feststellen, dass er den direkten Kontakt zu Erziehungsbewegung in Spanien verloren hatte. Sein anfängliches Interesse am Anarchosyndikalismus liess nach und er begann sich mehr und mehr der katalanischen Arbeiterbewegung zu widmen.

Nach der Niederlage Spaniens im Krieg gegen Amerika, musste die ehemalige Klonialmacht die letzten Gebiete in Übersee abgeben: Kuba, Costa- Rica und die Philippinen. Unter König Alfons XIII. wurde daraufhin versucht den Einflussbereich auf Nordafrika verlagern, indem Marokko den Kolonialverlust ausgleichen sollte. Für den verlustreichen Krieg gegen die nordafrikanischen Berber (Ryf-KabylInnen) wurden in der nordost- spanischen Provinz Katalonien Reservisten verpflichtet. Das betraf vor allem die Arbeiter, die kein Geld hatten, um sich vom Militärdienst freizukaufen.

Im Juli 1909 schliesslich überschlugen sich die politischen Ereignisse in Spanien. Spontane Proteste brachen auf den Strassen aus und mündeten in einem massiven Generalstreik. Die revolutionären Anführer fürchteten sich vor der Grösse der Bewegung und verloren unvorbereitet ihre Autorität über die Massen. Nach fünf Tagen wurde die Revolte, in deren Verlauf 22 Kirchen und 34 Klöster angezündet worden waren, von Innenminister La Cierva blutig niedergeschlagen, der 175 Arbeiter erschießen ließ. Der Aufstand in Katalonien, der einer zahlreichen Streiks und Revolten war, mit denen die Menschen für bessere Arbeits- und Lebensbedingungen kämpfte, wurde als die "´Tragische Woche" bekannt.

Am 28. Juli 1909 wurde das Kriegsrecht über Spanien verhängt und die brutale militärische Repression wurde noch bis September weitergeführt. Alle, die der Regierung verdächtig erschienen, wurden festgenommen. Francisco Ferrer wurde Ende September aufgegriffen, in der berüchtigten Festung Montjuch in Barcelona inhaftiert und in einer hastig einberufenen Gerichtsverhandlung des Umsturzes angeklagt. Obwohl er kaum etwas, wenn überhaupt, mit dem Aufstand zu tun hatte, wurden gegen ihn falsche Beweise und erpresste Geständnisse angeführt. Die Regierung glaubte noch immer, dass Ferrer an dem Anschlag auf ihren König verwickelt war und wollte sich dafür rächen. Schliesslich wurde er zum Tod durch Erschiessen verurteilt.

Da Ferrer ein international bekannter Reformpädagoge war, wurde das Todesurteil in Nordamerika und Westeuropa zu einem Skandal. In Grossbritannien protestierten George Bernard Shaw, H.G. Wells und Arthur Conan Doyle gemeinsam mit Pjotr Kropotkin und anderen AnarchistInnen gegen die Hinrichtung. Vergeblich. Am 13. Oktiober 1909 wurde Francosco Ferrer y Guardia hingerichtet und dadurch wurde er einer der berühmtesten spanischen Anarchisten.

Nach seiner Ermordung wurden zahlreiche Ferrer- Schulen in der Schweiz, Österreich, Deutschland, Frankreich und Italien gegründet. In Spanien selbt entstanden bereits in den folgenden 8 Jahren etwa 60 Schulen, die sich auf die Konzeption von F. Ferrer beriefen. Heute gilt er zu recht als einer der bekanntesten Gründer der staats- und religionslosen Alternativschulbewegung und einer der grundlegensten Vordenker der libertären Pädagogik.



Der Text ist eine Übersetzung der biographischen Angaben zur "Sammlung Francisco Ferrer", die zusammengetragen wurde von seiner Tochter Sol Ferrer Sanmarti (Francisco Ferrer Collection, Mandeville Special Collections Library University of Califormia, San Diego, USA)
http://orpheus-1.ucsd.edu/speccoll/testing/html/mss0248d.html


Mehr Infos über Ferrer:

Pierre Ramus: "Francisco Ferrer - Die moderne Schule." Packpapier Verlag, Osnabrück o.J., 32 S.

Anarchy Archives (engl.) zu Ferrer: http://dwardmac.pitzer.edu/Anarchist_Archives/bright/ferrer/ferrer.html

zwei englischsprachige Websites zu Ferrer: http://www.geocities.com/Athens/Acropolis/5422/

http://www.punkerslut.com/articles/franciscoferrer.html

Spanischer Text der "Fundación Anselmo Lorenzo" über Ferrer aus der "CNT", der Zeitung der anarchosyndikalistischen CNT-IAA:
http://www.periodicocnt.org/272oct2001/vidaconfederal/archivos/vc02.htm



Kleine Literaturliste zu libertärer Pädagogik:

Markus Heinlein: "Klassischer Anarchismus und Erziehung. Libertäre Pädagogik bei William Godwin, Michael Bakunin und Peter Kropotkin.", Würzburg: Ergon-Verlag 1998. 348 S., kart.,
Reihe: Erziehung, Schule, Gesellschaft; Band 17.

Gerhard Kern: "Libertäre Anti-Pädagogik",
Verlag Klemm & Oelschläger 1998, 44 S., http://www.gerhardkern.de/antipaed.htm

Ulrich Klemm: "Anarchisten als Pädagogen. Profile libertärer Pädagogik." Frankfurt/M.: Verlag Edition AV, 2002. 117 S.,
http://www.generell.de/editionav88/

Diedrich Peters: "Libertäre Alternativen zur Staatsschule. Geschichtliche Bezüge zwischen Alternativschulbewegung und libertär-sozialistischen Bewegungen von den Frühsozialisten bis heute."
Verlag Flugschriften 1988, 232 S.



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