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1 Jahr „brauchbar“
- der Umsonstladen im Romero-Haus

Vor einem Jahr (2005) wurde im Oscar-Romero-Haus ein Umsonstladen mit dem Namen “brauchbar” eröffnet. Aber eigentlich ist die „brauchbar“ als Initiative des Anarchosyndikats „eduCat“ schon seit Mai 2004 mobil mit Klapptischen unterwegs. Dazu wurde jeden Dienstag während des “Romero-Cafes” im Hinterhof das in Kisten verpackte Umsonstladen-Sortiment aufgebaut.

Anfang 2005 erfolgte dann der Einzug in den leergeräumten Farradkeller. Seitdem gibt es dort Regale und Kisten voll mit gespendeten Sachen: Bücher, Geschirr, Kleidung, Küchengeräte, Schuhe, Spielzeug, Taschen und vieles mehr...

Die Sachspenden von vielen Leuten, denen die Idee des Umsonstladens gefällt, helfen das mittlerweile recht umfangreiche Gratis-Angebot des Umsonstladens aufrecht zu erhalten. Die Idee ist denkbar einfach: Wer brauchbare Sachen habt, aber sie weder wegwerfen noch verkaufen will, bringt sie einfach mit und stellt sie kostenlos allen zur Verfügung, die die Sachen weiter benutzen wollen. Alle können was mitnehmen - ohne Geld und ohne Tausch!

Denn der Umsonstladen will eine Alternative schaffen zur kapitalistischen Wirtschaft. Ebenso wie bei Tauschringen und Talentbörsen ist auf dem „freien“ Markt der Wert einer Sache als handelbare Ware die Grundlage. Die Marktwirtschaft verwertet alles, egal ob es sich um Gebrauchs- und Verbrauchs-Objekte oder um Dienstleistungen handelt. Solange in der Waren-Welt irgendeine Gegenleistung in Form von Geld oder einer anderen Währung (Zeitkonto, "Talente", Schwundgeld, Muscheln,...) getauscht wird, bleibt es ein Geschäft unter den Zwangsbedingungen des Marktes.

Die Umsonstläden versuchen aber die Bedürfnisse nach nützlichen und brauchbaren Objekten (und Dienstleistungen) ohne Gegenleistung anzubieten. Denn die Nachfrage ist ja unabhängig davon, ob jemand genug Geld zur Verfügung hat oder nicht. Die Weitergabe von gebrauchten Sachen ist darüber hinaus angewandtes Recycling, das nicht nur Geld spart, sondern auch Rohstoffe und Arbeit.

Um ein bischen mehr Unabhängigkeit von der persönlichen Kaufkraft und Arbeitsfähigkeit zu schaffen, aber trotzdem die Bedürfnisse des Lebens gemeinsam zu organisieren, gibt es seit einigen Jahren die bereits bundesweit verbreiteten Umsonstläden.

Vor rund fünf Jahren eröffnete in Hamburg der erste deutschsprachige Umsonstladen, der heute schon an vier Tagen in der Woche geöffnet hat. Kein Wunder, dass sich diese Aktionsidee schnell weiter verbreitete. Heute liegen von den fast 30 vernetzten Umsonstläden in Deutschland neun im Norden und neun im Westen, drei befinden sich in Süddeutschland und sechs im Osten der Republik. Die meisten wurden in Großstädten eröffnet, aber es gibt auch einige in Orten unter 10 000 EinwohnerInnen. In Nordrhein-Westfalen gibt es noch zwei weitere Umsonstläden, einen in Detmold und einen in Köln-Mülheim (MüTZe, Berliner Str. 77).

Dabei ist die Idee der Umsonstläden nicht neu. Das Kollektiv „The Diggers“ (benannt nach den englischen LandbesetzerInnen des 17.Jh.) eröffnete bereits 1967 an der Lower East-Side einen Umsonstladen „Free Shop“ in New York. In Britannien gibt es heute ebenfalls einige Free Shops, aber meist nur zeitlich begrenzt an bestimmten, verabredeten Orten, wie ein Flohmarkt. In den Niederlanden existieren etwa zwanzig Umsonstläden namens „Weggeefwinkel“ (http://nl.wikipedia.org/wiki/Weggeefwinkel). Natürlich gibt es Umsonstläden mittlerweile auch virtuell im Internet, wie das Verschenk-Netzwerk „FreeCycle“ (http://www.de.freecycle.org/).

Der Bonner Umsonstladen „brauchbar“ legt Wert darauf, die Ideen der gegenseitigen Hilfe und der Selbstverwaltung in allen Bereichen im Vordergrund stehen. Eine Anhängigkeit von staatlichen, parteilichen oder kirchlichen Fürsorgeeinrichtungen wird kategorisch abgelehnt. So kann im Umsonstladen ohne eine Gegenleistung Alles von Allen mitgenommen werden - je nach dem persönlichen Bedarf und unabhängig von einer Bedürftigkeit. Bisher mussten auch noch keine Regeln eingeführt werden, die die Menge der abgegebenen Sachen beschränkt. Andere Umsonstläden ziehen eine Grenze bei drei bis fünf Gegenständen pro Person und Tag. Aber da der Bonner Umsonstladen ja nur einmal wöchentlich für zwei Stunden geöffnet hat, ist die Menge der Umverteilung noch überschaubar und über persönliche Gespräche meist problemlos vermittelbar. Ob türkische Nachbarskinder mit Müttern oder reisende StudentInnen – im Umsonstladen findet sich meist die eine oder andere Kleinigkeit zum Mitnehmen.

Die Vielfalt und Qualität des Umsonstladens ist dabei jedoch von den abgegebenen Materialspenden abhängig. Jedes Teil sollte vor allem noch brauchbar und nicht zu gross sein (d.h. es sollte etwa in eine Bananenkiste passen). Müll, Schrott oder verderbliche Lebensmittel werden natürlich nicht angenommen. Aus Platzgründen können leider auch keine Möbel angenommen werden, aber für diese Fälle gibt eine kleine Pinwand für grössere Spendenangebote oder für Suchmeldungen.

Die „brauchbar“ ist aber nach wie vor auch mobil unterwegs. Jeden letzten Sonntag im Monat wird ein kleines Sortiment des Umsonstladens anlässlich der Filmvorführungen von „nn-tv“ im „Kult 41“ am Hochstadenring (http://www.kult41.de) aufgebaut. Dort können Interessierte bei Kaffee und Kuchen den Umsonstladen kennenlernen und auch Material spenden.

Aber nicht nur bei „nn-tv“ gibt es leckere Spezialitäten. In Zusammenarbeit mit BewohnerInnen und BesucherInnen des Romero-Hauses gibt es meistens dienstags während der “brauchbar” auch veganes Gebäck zum Tee und/oder ein kostenloses, warmes Essen aus der “KollektivKüche” (KoKü).

KOMMT VORBEI - MACHT MIT:
Umsonstladen & KollektivKüche
im "Oscar-Romero-Haus",
Heerstr. 205, 53111 Bonn-Nord,
http://www.oscar-romero-haus.de


Aktuelle Termine findet ihr auf der "brauchbar"-Webseite
http://anarchosyndikalismus.org/educat/brauchbar/

Stand: 2006